Nervenkrieg Eigentümergemeinschaft?

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Eigentumswohnungen gelten für die einen als Kapitalanlage zur finanziellen Absicherung im Alter, für die anderen als Grundlage persönlicher Freiheit und Schutz vor Mietsteigerungen. In beiden Fällen schafft die eigene Wohnung für Eigentümer lebenslange Sicherheit.

„Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird auch der Aspekt der Absicherung im Alter wichtiger. Nicht ohne Grund sind vermietete Eigentumswohnungen zunehmend eine beliebte Kapitalanlege“, sagt Jürgen Michael Schick, Immobilienunternehmer und Präsident des Immobilienverbands Deutschland IVD. „Die Daten unseres IVD Research zeigen, dass sich der kontinuierliche Wertzuwachs von Bestandswohnungen auch in diesem Jahr fortsetzt. Wer beispielsweise vor fünf Jahren eine Wohnung erworben hat, kann sich heute über deutlich zweistellige Wertzuwächse freuen.“

Eigentümer und deren Rechte und Pflichten

Wer sich im Leben einmal für eine Eigentumswohnung entscheidet, sollte sich aber auch vor dem Kauf über ein paar einfache Dinge im Klaren sein. Eine eigene Wohnung bringt für den Besitzer nicht nur Rechte, sondern als Teil einer Wohneigentümergemeinschaft auch Verpflichtungen mit sich.

„Im Klartext bedeutet dies eine Pflicht zur Rücksichtnahme, wie die Vermeidung von Belästigungen durch Lärm, Gerüche oder Tierhaltung“, so Schick. Von der überwältigenden Mehrheit der Eigentümer werde dieses Gebot zum Glück beherzigt. Störenfriede, die sich partout nicht an die gemeinsame Hausordnung halten wollen, können in letzter Konsequenz aus der Wohnanlage geklagt werden.

Darüber hinaus, muss alles, was mit der Gesamtimmobilie zu tun hat, „von allen Eigentümern gemeinsam in einer Eigentümerversammlung besprochen und geregelt werden, zum Beispiel die Dacheindeckung oder eine Fassadensanierung“, ergänzt der Immobilienfachmann. „Eigentümer sind zudem verpflichtet, ihre Wohnung auf eigene Kosten instand zu halten. Das sollte auch ernst genommen werden. Bei Schäden durch unterlassene Instandhaltung können andere Eigentümer Schadensersatzansprüche geltend machen.“

Die Sonderwünsche “der anderen”

Genau das ist aber für viele ein Thema, dass sie meist mit Ärger verbinden: Die liebe Eigentümerversammlung – sich womöglich mit den Nachbarn zerstreiten, mit Problemen der Mieter rumärgern oder an den vermeintlichen Sonderwünschen dieser verzweifeln.

Jürgen Schick betont an dieser Stelle aber, dass Streit innerhalb der Eigentümergemeinschaft zum Glück die große Ausnahme sei. Dennoch ist laut dem Fachmann in vielen Fällen widerstrebender Interessen Fingerspitzengefühl und Vermittlungsbereitschaft gefragt.

„Deswegen gibt es Immobilienverwalter: Sie nehmen Sorgen ab, sind der Prellbock gegenüber Eigentümergemeinschaft, Mieter, Nachbarn und Behörden und schaffen Freiräume“, sagt dazu Worna Zohari, Vorstandschef der Immobilienverwaltung Reanovo. Auch Schick sieht in einem professioneller Verwalter den Vorteil, dass dieser „neben dem notwendigen Fachwissen auch Empathie für die Anliegen jedes einzelnen Eigentümers mitbringt.“

Auf den jährlichen Eigentümerversammlungen wird über alles relevante rund um die Immobilie gesprochen – auch Renovierungen. (Bildquelle: Pixabay / Hans)

Die WEG-Reform soll im Alltag helfen

Im vergangenen Jahr wurde die Wohneigentumsgesetz-Reform (WEG) beschlossen. Nach Ansicht von Schick dürfte sie sich positiv für das Klima zwischen den Wohnungseigentümern auswirken. In Folge dieser können nun beispielsweise einfacher Beschlussfassungen über bauliche Veränderungen herbeigeführt werden.

Dazu zählen die Einrichtung von E-Ladesäulen genauso wie Maßnahmen zur verbesserten Barrierefreiheit. Laut dem IVD-Präsidenten müssen sich dadurch aber einzelne Eigentümer nicht benachteiligt fühlen. „Es tragen grundsätzlich nur diejenigen die Kosten, die von baulichen Veränderungen auch profitieren. Auch bei notwendigen Instandhaltungsarbeiten bieten sich dem Verwalter durch die Reform mehr Spielräume.“

Eigentümerversammlungen künftig auch in digitaler Form

Eine weitere wichtige Neuerung, die das Miteinander in der Hausgemeinschaft vereinfacht, betrifft die jährliche Eigentümerversammlungen. An diesen kann nun auch in digitaler Form teilgenommen  werden, wenn dies von den Eigentümern mit einfacher Mehrheit so beschlossen wird. Versammlungen sind dann stets beschlussfähig, unabhängig von der Anzahl der Teilnehmer, so der IVD.

Wer wiederum mit seinem Verwalter nicht zufrieden ist, kann nächstes Jahr von einer voranschreitenden Professionalisierung der Verwalterbranche profitieren. Denn ab Ende 2022 hat jeder Eigentümer das Recht, von seinem Verwalter einen Zertifizierungsnachweis einzufordern. „Die Prüfung über die Zertifizierung bei der Industrie- und Handelskammer war eine überfällige Maßnahme und sorgt für eine noch größere Auswahl fachkundiger Verwalter am Markt“, so Schick.

Auch Zohari sieht diese Entwicklung positiv. Wichtig sei, dass der Immobilienverwalter in dem immer komplexer werdenden Gewirr staatlicher Regulierung firm sei. „Ein moderner Verwalter kann mit Hilfe der Digitalisierung viele Prozesse deutlich verbessern und für alle Beteiligten angenehmer gestalten – den persönlichen Austausch ersetzt das aber natürlich nicht.“

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