Diese Faktoren beeinflussen die Immobilienfinanzierung

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Beim Baugeld zeichnet sich laut Experten eine Trendwende ab. Die steigende Inflation lässt Kauf- oder Bauvorhaben bei Immobilien teurer werden. Auch andere Faktoren treiben die Baugeldzinsen langfristig wieder nach oben.

Der Traum vom Eigenheim dürfte für viele Familien ab diesem Jahr noch teurer werden, als es bislang schon der Fall ist. Grund dafür ist unter anderem ein steigendes Zinsniveau – die Abkehr der Notenbanken von ihrer bisherigen lockeren Geldpolitik – das dafür sorgt, dass Hausbauer und Immobilienkäufer mit deutlichen Mehrkosten bei der Finanzierung der eigenen vier Wände rechnen müssen.

Notenbanken treiben Baugeldzinsen hoch

„Aktuell wirken sich vor allem die Entwicklungen in den USA zinssteigernd auf die hiesigen Märkte aus“, so die Einschätzung von Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender der Dr. Klein Privatkunden AG. Voraussichtlich ab März schreitet die Fed zur Tat. Mindestens vier Zinserhöhungen um plus 0,25 Prozentpunkte sind dieses Jahr zu erwarten. Notenbank-Chef Jerome Powell schließt sogar weitere und größere Zinsschritte nicht aus.

Laut Neumann bewegt das die hiesigen Finanzierungskonditionen: „Die Märkte sind aktuell relativ volatil, seit Anfang des Jahres steigen die Zinsen für Baufinanzierungen tendenziell leicht an.“ Die jüngste Ankündigung der US-Notenbank, dass bis zu sieben Zins-Schritte möglich sein könnten, bringe nun erneut Unruhe.

„Zeit der Tiefstzinsen ist vorbei“

Der Zins für ein repräsentatives 10-jähriges Baudarlehen beginnt laut Dr. Klein aktuell bei 0,89 Prozent (Stand: 02.02.2022), zum Jahreswechsel lag er bei 0,73 Prozent. „Die Zeit der absoluten Tiefstzinsen ist vorbei“, resümiert Michael Neumann. Er rechnet nicht damit, dass die Zinsen für Immobilienfinanzierung wieder auf das Allzeittief des Jahres 2020 zurückgehen werden.

Verschiedene Gründe sprächen eher für eine mögliche weitere Aufwärtsbewegung. Zum einen geht Neumann davon aus, dass die 10-jährige Bundesanleihe, die die Bauzinsen direkt beeinflusst, in 2022 wieder positiv rentiert – nach über zweieinhalb Jahren, in denen sie negativ verzinst war. Gesund für das wirtschaftliche Gesamtsystem, jedoch preissteigernd für Immobilienfinanzierungen.

Zum anderen bleibe abzuwarten, wie sich die Inflation in der Euro-Zone entwickele: „Wenn die Inflationsraten nicht deutlich zurückgehen, obwohl die pandemiebedingten Sondereffekte wie Lieferengpässe abnehmen, steigt der Druck auf die EZB, ihre Geldpolitik zu überprüfen. Und sollte sie eine restriktivere Vorgehensweise ankündigen, könnte dies die Baufinanzierungszinsen verteuern“, so Neumann.

Die steigende Inflation lässt Kauf- oder Bauvorhaben bei Immobilien teurer werden. Auch andere Faktoren treiben die Baugeldzinsen langfristig wieder nach oben. Bildquelle: markteinblicke.de

Auch beim Mitbewerber Interhyp kommt man zur gleichen Einschätzung. „Immobilienkäufer mit Finanzierungsbedarf bekommen die Ankündigungen der Notenbanken zu spüren, die Geldpolitik zu straffen“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin des Privatkundengeschäfts bei Interhyp, und verweist auf die steigenden Renditen der Staatsanleihen.

„Da Staatsanleihen neben dem Leitzinsniveau ein wichtiger Indikator fürs Baugeld sind, geht es auch beim Bauzins bergauf.“

Sie erwartet einen weiteren Anstieg der Zinsen im Jahresverlauf. „Aufgrund des jüngsten Zinsanstiegs verbunden mit dem Ausblick auf weiter steigende Konditionen sehen wir eine Trendwende beim Baugeld eingeläutet“ und ergänzt, dass man bei Interhyp Zinsen über 1,5 Prozent im weiteren Jahresverlauf für möglich hält.

Nicht auf niedrigere Konditionen warten

Wer ein konkretes Finanzierungsobjekt im Auge habe, sollte daher nicht auf niedrigere Konditionen spekulieren. „Wichtiger als der Zinssatz ist bei einem Immobilienkauf ohnehin das Objekt sowie die Finanzierungsstruktur – also Themen wie eine ausreichend hohe Eigenkapitalquote, eine lange Zinsbindung und eine angemessene Tilgung”, sagt Mohr.

Neben Ankündigungen der Notenbanken könnte laut Michael Neumann derweil auch noch ein anderer Faktor die Baugeldzinsen pushen: Die höheren Anforderungen an Banken in Bezug auf ihre Kapitalpuffer bei Baufinanzierungen, die die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) angekündigt hat. „Grundsätzlich steigen durch die höheren Eigenkapitalunterlegungen die Refinanzierungskosten der Banken – und damit auch die Konditionen für die Verbraucher“, sagt der Experte.

Keine überstürzten Finanzierungen eingehen

Wegen des großen Wettbewerbs im Baufinanzierungsgeschäft glaube er aber nicht, dass die Kreditinstitute die höheren Kosten eins zu eins an ihre Kunden weiterreichen werden. „Die Verteuerung wird sich zwar bemerkbar machen, aber nicht mit erheblichen Ausschlägen. Ein weitaus stärkerer Faktor für den Baufinanzierungszins ist die allgemeine Entwicklung am Markt.“

Naumann rät zwar, die Entscheidung für eine Wohnung oder das Haus nicht überstürzt zu treffen, aber „wenn ein passendes Objekt aber gefunden ist, sollten jetzt Nägel mit Köpfen gemacht werden, zumal auch die Immobilienpreise weiter steigen dürften.“ Dies resultiert daraus, dass Immobilien als Wertanlage mit relativ gutem Inflationsschutz gelten, und die Nachfrage nach diesen weiterhin stark steige.

Steigende Baupreise drücken aufs Budget

Ein weiterer Faktor könnte vor allem vielen Häuslebauern Sorgen bereiten. Die steigenden Baupreise. „Die Kosten für die Errichtung neuer Wohngebäude sind mit einem Plus von 12,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr so stark gestiegen wie seit 1970 nicht mehr. Wegen des globalen Booms bei Wohnimmobilien bleiben viele Rohstoffe gefragt und damit teuer“, erklärt Marco Bargel, Kapitalmarktstratege der Postbank. „Gleichzeitig treiben strengere Vorgaben bei der Energieeffizienz von Wohngebäuden und der anhaltende Fachkräftemangel im Bausektor die Baukosten weiter nach oben.“

Besonders teuer seien unverändert Bauholz, Stahl sowie Kunststoffprodukte wie Rohre und Dämmstoffe. Einige Produkte können erst mit wochen- oder monatelanger Verzögerung geliefert werden. Eine kurzfristige Entspannung der Lage ist nicht in Sicht: Die Baubranche rechnet noch bis in den Frühling hinein mit Lieferengpässen.

Finanzierung sollte nicht an Fördergeldern hängen

Ein weiteres Thema bereitet manchem Hausbauer ebenfalls Kopfschmerzen: Der Stopp der bisherigen Förderung des KfW Effizienzhauses 55 im Neubau. Laut Interhyp sei das Gros der Finanzierungen nicht gefährdet, bei einigen wenigen könnte es aber nun zu Engpässen kommen. Bei Interhyp nutzt laut dem Unternehmen eher kleiner Teil der Kunden die Kredit-Programme.

Viele Kunden nutzen aber zusätzlich die Zuschussprogramme und hätten diese beispielsweise für eine Sonderzahlung eingeplant. Die Direktzuschüsse lagen zwischen 18.000 und 24.000 Euro. Dennoch ist Mirjam Mohr optimistisch: „Wir raten grundsätzlich, nicht nur wegen der Förderung etwas zu finanzieren. Und wir raten wir sogar davon ab, den Immobilienkauf abzuwickeln, ohne eine tragfähige Finanzierung zu haben.“

Rechtzeitig um eine Anschlussfinanzierung kümmern

Generell sollten nach Ansicht der Baufinanz-Experten Häuslebauer einen intensiven Konditionen- und Zinsvergleich durchführen. So sollten Eigenheimbesitzer mit bereits bestehendem Kredit prüfen, ob sie sich die jetzt geltenden Konditionen für den Anschlusskredit sichern können.

Das gehe oft viele Monate vorher, sagt Mohr. Sinnvoll könnten auch Forward-Darlehen sein, mit dem sich Interessentinnen und Interessenten günstige Zinsen auch mehrere Jahre im Voraus sichern würden. „Wer zum Beispiel vor sieben oder acht Jahren ein Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung abgeschlossen hat, sollte jetzt die Konditionen für ein Forward-Darlehen prüfen“, sagt Mirjam Mohr.

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