Im Fokus vieler Rohstoff-Anleger ist zuletzt wieder Palladium geraten. Das Edelmetall ist derzeit teurer als Gold. Aktuell notiert Palladium bei 1.867 Dollar pro Unze, der Goldpreis liegt bei 1.709 Dollar. „Steigende Rohstoffpreise sind nicht nur ein kriegs- und pandemiebedingtes Phänomen. So trieb beispielsweise die übermäßige Nachfrage nach dem Edelmetall Palladium die Preise so stark in die Höhe, dass sie 2019 den Wert von Gold übertrafen“, sagt Stephen Dover, Chief Market Strategist bei Brandywine Global. Verwunderlich ist dies nur bedingt.
Autobranche setzt noch auf Palladium
Denn der Rohstoff Palladium ist ein wichtiger Bestandteil von Autoabgassystemen und wandelt giftige Schadstoffe in weniger schädliches Kohlendioxid und Wasserdampf um. Was den Preis ebenfalls treibt ist die Tatsache, dass rund 80 Prozent des weltweit produzierten Palladiums aus Minen in zwei Ländern stammen: Russland und Südafrika.
In beiden führte die Corona-Pandemie zu Produktionsunterbrechungen. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine schossen die Palladiumpreise in die Höhe. „Viele Kunden wandten sich an die südafrikanischen Minen, nur um zu erfahren, dass kurzfristig wenig Flexibilität für Angebotserhöhungen besteht“, erklärt Dover und ergänzt: „Es dauert Jahre und erfordert enorme Kapitalinvestitionen, um die Produktion neuer Minen zu steigern.
Wie der Palladiumpreis Staatsanleihen beeinflusst kann
Der Anlagestratege sieht auch einen Zusammenhang zwischen den Rohstoffpreisen und Anleihen bestimmter Länder: „Durch den höheren Umsatz der Minen sind auch die Steuereinnahmen Südafrikas gestiegen. Dadurch wiederum erhielten die Staatsanleihen des Landes und einige andere Staatsanleihen rohstoffreicher Länder Auftrieb. Die Regierung von Präsident Cyril Ramaphosa hat diese Mehreinnahmen zum Abbau des Defizits und zur Kürzung der Fremdkapitalaufnahme genutzt“, so Dover.
Die Folge sei, dass das Land seinen Haushalt vor Zinszahlungen voraussichtlich bis 2024, also ein Jahr früher als vorgesehen, ausgleichen kann. Dies wiederum wäre eine klare Abweichung von der Politik der letzten Regierung. „Damals machten Verschwendung und Korruption teure Rettungsmaßnahmen für Staatsunternehmen notwendig, die zu einem explosionsartigen Anstieg des südafrikanischen Defizits und zu Bonitätsherabstufungen im Jahr 2017 führten“, sagt Dover.
Palladium-Investment nichts für schwache Nerven
„Ramaphosas disziplinierter Ausgabenansatz könnte ein entscheidender Faktor sein, um mehr ausländische Direktinvestitionen anzuziehen. Kapital für neue Minen dürfte Südafrika mehr Spielraum verleihen, um einen neuen Rohstoff-Superzyklus bestmöglich zu nutzen.“
Der Palladium-Preis erlebte in den vergangenen Jahren eine regelrechte Achterbahnfahrt an den Rohstoffbörsen. Zwischen Anfang 2016 und Mitte 2021 hatten sich die Notierungen, trotz eines kräftigen Corona-bedingten Rückschlags Anfang 2020, versechsfacht, womit im Mai 2021 ein neues Allzeithoch bei 3.021 US-Dollar je Feinunze markiert wurde.
mE-Fazit
Bis zum Dezember 2021 folgte dann ein scharfer Einbruch auf 1.540 Dollar, woraufhin es bis zum März 2022 (Ukraine-Krieg) kurzfristig auf ein weiteres historisches Top bei 3.434 Dollar in die Höhe ging. Doch im Anschluss wurde erneut der Retourgang eingelegt. Der Palladium-Kurs brach bis Mitte Juli dieses Jahres auf zeitweise 1.860 Dollar ein.
Sollte das Juni-Tief bei 1.792 Dollar unterschritten werden, drohen weitere Rücksetzer bis zum Dezember-2021-Tief bei 1.540 Dollar. Im Fall einer neuen Aufholbewegung gilt es dagegen, die 200-Tage-Linie (2.112 Dollar) zurückzuerobern, um in den übergeordneten Aufwärtstrend zu wechseln. Charttechnisch zeigen die Trendpfeile für das Edelmetall vorerst tendenziell eher abwärts.
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Bildquelle: Pressefoto Goldcorp.