Kryptomarkt 2023: Das Prinzip Hoffnung

Strengere Prüfungen für Stablecoins und Kryptobörsen erwartet I Experten sehen bei Ethereum großes Potenzial

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Wer Bitcoins besitzt, wird seit  Wochen wohl (noch) etwas unruhiger die Kursentwicklung der wichtigsten Krypto-Währung der Welt beobachten. Die „schwarze Woche” Anfang November hatte dazu geführt, dass in nur wenigen Tagen mehr als 21 Prozent des Bitcoin-Werts vernichtet wurde. Viele mögen die Kursentwicklung vor allem auf die Geschehnisse um die Pleite der Kryptobörse FTX schieben, doch der Blick auf den Chart zeigt auch, dass langfristig der Bitcoin schon seit Längerem sich schwach zeigte.

Das Vertrauen in Krypto-Währungen ist erschüttert

Durch die FTX-Pleite scheint das Vertrauen in die Kryptowährungen im Allgemeinen stark erschüttert zu sein – der Kursverlauf von Ether & Co spiegeln es wider. Allein der Bitcoin verlor im Vergleich zu Anfang November weitere 15 Prozent, seit Jahresanfang liegt das Minus bei mehr als 60 Prozent. Börsianer schauen aber bekanntlich nach vorne, daher:

Was bringt das Jahr 2023 für die Krypto-Fans? Kommt es zum Comeback der digitalen Währung, angeführt vom Bitcoin? Oder werden die nicht wenigen Krypto-Skeptiker Recht behalten mit ihren Aussagen, dass es sich nur um hochspekulative Investments handelt?

Krypto-Skeptiker sehen sich (wieder) bestätigt

Fakt ist: Während sich die Aktienindizes zuletzt im Monatsvergleich weiter kräftig erholten – der DAX legte um fast zehn Prozent zu –, ging es mit den Kryptos erneut bergab. „Die Performance-Eiszeit für Kryptowährungen geht weiter“, sagt Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank. Der „kritische Anleger“, so Stephan weiter, zweifle zunehmend daran, ob Kryptowährungen überhaupt als Anlage geeignet seien. Nicht ohne Grund.

„Sie werfen keinen Kupon ab wie festverzinsliche Wertpapiere, generieren keine Dividenden wie Aktien und können nicht produktiv genutzt werden wie Rohstoffe. Auch als Zahlungsmittel bleiben sie – wenn überhaupt – eine Randerscheinung“,
Dr. Ulrich Stefan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank

Die Marktbewertung basiere ausschließlich auf der Hoffnung, „dass die Preise in Zukunft steigen werden. Ich kann keine überzeugenden Gründe ausmachen, warum Kryptowährungen sich kurzfristig wieder in Richtung ihrer alten Höchststände bewegen sollten. Sie bleiben hoch spekulativ.“

Eine andere Perspektive auf die Krypto-Branche versucht derweil Adrian Fritz, Research Associate der Forschungsabteilung von 21.co, Dachunternehmen des Krypto-ETP-Emittenten 21Shares in seinem 2023er-Ausblick zu geben.

Strengere Prüfungen für Stablecoins und Kryptobörsen dürften kommen

Prognose Eins ist die Krypto-Migration durch Zinsanhebungen: „Aufgrund steigender Energiepreise befinden sich Bitcoin-Miner in einer schwierigen finanziellen Lage. Darüber hinaus haben die Zentralbanken weltweit die Zinssätze energisch angehoben, um die Inflation zu bekämpfen, was die Anleger zur Flucht in sichere Häfen veranlasste, was sich wiederum an der Stärke des US-Dollars widerspiegelt“, so Fritz.

Ausschlaggebend für die Verbesserung der makroökonomischen Bedingungen sind aus Sicht des 21Shares Research vor allem drei Kernthemen: die Entwicklungen des russisch-ukrainischen Krieges, ein möglicher geldpolitischer Kurswechsel der Zentralbanken und die Abkopplung der Kryptowährungen vom Aktienmarkt.

Das Jahr 2023 dürfte strengere Prüfungen für Stablecoins und Kryptobörsen mit sich bringen. (Bildquelle: Unsplash/Jeremy Bezanger)

Prognose zwei: Strengere Prüfungen für Stablecoins und Kryptobörsen. Vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs des Terra-Luna Netzwerks erließen die US-Regulierungsbehörden ein Verbot von unbesicherten Stablecoins in den USA.

„In ähnlicher Weise wird der Zusammenbruch von FTX die Proof-of-Reserves-Prüfungen unter den Krypto-Börsen beschleunigen. Die Regulierungsbehörden werden in absehbarer Zukunft verlangen, dass Stablecoins zu 100 Prozent mit einer Off-Chain-Reserve von Dollar, Euro oder einem anderen Zielwert unterlegt werden. Ebenso werden sie den Kryptobörsen Proof-of-Reserves-Audits unterziehen.“

2023 könnte das Jahr von Cosmos und Ethereum werden

Prognose drei – warum Cosmos und Ethereum weiter großes Potenzial haben. Das Blockchain-Protokoll Cosmos sei laut Fritz auf dem besten Weg, als Gewinner im Bereich der Interoperabilitätslösungen hervorzugehen. Zugleich wird Ethereum laut dem Researcher die wichtigste Smart-Contract-Plattform mit dem dynamischsten Ökosystem bleiben – alternative Layer 1-Blockchains haben sich in Stresstests als nicht konkurrenzfähig erwiesen. „Layer 2-Skalierungslösungen hingegen haben deutlich an Akzeptanz gewonnen und werden dadurch die These der modularen Blockchain weiter untermauern“, sagt Fritz.

Prognose vier: Dezentralisierte autonome Organisationen (DAOs) stehen vor einer Wegscheide. „Sie werden dezentral von allen Mitgliedern organisiert und kontrolliert – eine Idee, die in der Praxis von Falschausrichtungen von Anreizen und einem Mangel an Rechenschaftspflicht getrübt wird“, analysiert Fritz.

Jede DAO müsse daher von Beginn an eine klare Vision verfolgen, die von allen Mitgliedern verfolgt werde – d“ies kann mit neuen Governance-Modellen funktionieren, die erfolgreich verschiedene Stakeholder-Anreize (Token-Inhaber, Nutzer, Erbauer) in Einklang bringen, um ein langfristiges Wachstum effizient zu unterstützen.“

Werden NFTs die neue Generation sozialer Netzwerke?

Prognose fünf: Eine breite Anwendungsmöglichkeit für DeFi. Ein Großteil der DeFi (Decentralized Finance)-Aktivitäten ist zum aktuellen Zeitpunkt immer noch hochspekulativer Natur und zielt auf erfahrene, kryptonative Nutzer ab.

„Es sind jedoch besonders die nicht-spekulativen Anwendungsfälle, die das langfristige Wachstum von DeFi vorantreiben. Eine Anbindung an reale Wirtschaftsgüter (real-world assets), wie sie etwa das deutsche Start-up Centrifuge vorantreibt, wird im kommenden Jahr zum wichtigen Thema werden“, meint Fritz.

Die Chancen würden gut stehen, „das dezentrale Finanzanwendungen zunehmend auch Transaktionen mit realen Assets wie beispielsweise Kunst oder Immobilien ermöglichen.“

NFTs könnten 2023 wieder in den Fokus geraten. (Bildquelle: The Global Fine Art GmbH)

Prognose sechs handelt von den NFTs als neue Generation sozialer Netzwerke. „Das Metaverse, die virtuelle Welt des Web3, könnte der Ort für neue Generation sozialer Netzwerke werden“, so Fritz und ergänzt: „Im kommenden Jahr dürften Web 3-Plattformen mit den etablierten Web2-Plattformen konkurrieren – in Bezug auf das bessere Nutzererlebnis und die stärkere Loyalität ihrer Kreativen.“

mE-Fazit

Der „Otto-Normal“-Anleger dürfte wahrscheinlich auf der Seite von Deutsche-Bank-Chefanlagestratege Stephan stehen. Wer wiederum an Bitcoin, Ether und das technologische Umfeld der Kryptowährungen glaubt, dürfte mit dem Ausblick Adrian Fritz vielleicht etwas entspannter in das neue Handelsjahr 2023 gehen.

Am Ende ist ein langfristig orientierter Anleger einmal mehr wieder bei Warren Buffett. Der US-Star-Investor sagte einst einen recht einfachen aber für Investoren gut zu merkenden Satz:„Never invest in a business you cannot understand.“ – „investiere niemals in ein Geschäft, das Du nicht verstehst.“  Wer den Kryptomarkt also nicht versteht, sollte folglich lieber die Finger davon lassen.