Tesla – die emotionale Anlegerstory

Tesla bleibt der wertvollste Auto-Konzern der Welt – auch wenn Elon Musk und seine Eskapaden nicht wenige Investoren (v)erschrecken.

(Bildquelle: Mit freundlicher Genehmigung von Tesla, Inc.)

Der Elektroautopionier Tesla (WKN: A1CX3T / ISIN: US88160R1014) hat für 2022 nicht nur eine gute Bilanz vorgelegt, sondern zugleich auch wieder einmal einen stattlichen Ausblick gegeben. Kann der Elon Musk-Konzern die Versprechungen auch wirklich halten? Dem Aktienkurs würde es guttun, denn der ist trotz der jüngsten Rallye noch sehr weit weg von alten Rekordhöhen. John Maynard Keynes sagte einmal:

„Um die Zukunft der Aktie einzuschätzen, müssen wir die Nerven, Hysterien, ja sogar die Verdauung und Wetterfühligkeit jener Personen beachten, von deren Handlungen diese Geldanlage abhängig ist.“

Keynes ist, wie wir wissen, nicht nur einer der bedeutendsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts gewesen, sondern war auch ein Fan der Börse. Sein Ausspruch lässt sich immer dann gut zitieren, wenn es um Aktien von Unternehmen geht, deren Gründer oder Vorstandschefs einen „markanten“ Charakter aufweisen.

Der wertvollste Auto-Konzern der Welt

Entsprechend lässt sich dies auch sehr gut auf Tesla spiegeln. Gegründet vor gerade einmal 20 Jahren ist der US-Konzern heute ein Pionier in der E-Mobilität und hat sich an der Börse an die Spitze der Autobranche gearbeitet. Auch oder gerade dank Elon Musk, der prägenden Figur bei Tesla.

Heute 2023 ist Tesla nach Börsenwert das wertvollste Autounternehmen der Welt – mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 400 Mrd. Euro. Damit steckt der US-Konzern die deutschen Premium-Mitbewerber wie BMW oder Mercedes-Benz in die Tasche und lässt sich mit deren Marktkapitalisierung von lediglich 55 bzw. gut 70 Mrd. Euro als Leichtgewichte aussehen.

Elon Musk polarisiert – und das gefällt nicht jedem Investor

Bei Tesla müsste es also im wahrsten Sinne des Wortes laufen. Mitnichten. Denn da ist eben ein Elon Musk, der immer wieder mit seinen Eskapaden für Unruhe rund um Tesla sorgt. Das Jahr 2022 war an sich schon ein schwieriges Jahr an der Börse – hohe Inflation, Konjunktursorgen und Lieferkettenproblemen lassen grüßen.

Da kamen Musk und seine Aktionen wie die umstrittene Übernahme der Online-Plattform Twitter und seine persönlichen Aktienverkäufe in Milliardenhöhe, um diesen Deal zu finanzieren an den Finanzmärkten gar nicht gut an.

Bei Tesla müsste es laut Bilanz im wahrsten Sinne des Wortes laufen. Mitnichten. Denn da ist eben auch ein Elon Musk und seine Eskapaden. (Bildquelle: Pressefoto Tesla)

Viele Investoren und Analysten kritisierten teils massiv, dass Musk Tesla an die Wand fahre und den E-Auto-Konzern auch noch wegen seiner privaten Weltraum-Aktivitäten mit SpaceX vernachlässige. Die Folge war ein massiver Kurseinbruch der Aktie von mehr als 65 Prozent im vergangenen Jahr.

Doch Tesla ist viel mehr als nur Elon Musk. Die jüngsten Zahlen für das vierte Quartal und das Gesamtjahr haben aufgezeigt, dass die mehr als 100.000 Mitarbeiter des Autobauers einen guten Job machen.

Tesla hat 2022 trotz des schwierigen Umfelds so viel verdient wie nie zuvor in einem Geschäftsjahr und die Erwartungen des Marktes übertroffen. In diesem Jahr will man – so Elon Musk in einem Analystencall – trotz einer schwächelnden Konjunktur 1,8 Millionen Fahrzeuge ausliefern. Musk sieht sogar die Zahl von zwei Millionen als möglich an.

Tesla verspricht viel in seinem 2023er-Ausblick

Mit diesem Ausblick begeisterte natürlich der Tesla-Chef die zuletzt skeptischen Analysten und Anleger. Das „Problem“ Elon Musk gab es auf einmal nicht (mehr) für die Kritiker.

Die Nachricht, dass man laut Tesla die stärkste Nachfrage seit einem Jahresbeginn in der Unternehmensgeschichte habe und die Zahl der Aufträge aktuell die Produktionszahlen um das Doppelte übersteige, zeigte ebenso Wirkung wie die Prognose, dass der Konzern langfristig ein Jahreswachstum von 50 Prozent anpeile. Die Folge: Nicht wenige Analysten sind wieder ganz auf der Spur in Bezug auf die Tesla-Aktie.

Berenberg stufte beispielsweise Tesla von „Hold“ auf „Buy“ hoch, senkte das Kursziel aber von 255 auf 200 US-Dollar. Die Hochstufung von Tesla begründete man mit dem Kurskollaps der vergangenen Wochen – und schließlich sei die Sorge um die Preissetzung des Elektroautobauers übertrieben.

Vielmehr zeigten diese Preissenkungen die Kostenführerschaft des Konzerns, hieß es. Auch UBS sieht in Tesla ein Kauf und sieht das Kursziel aktuell bei 220 Dollar. Goldman Sachs sieht derweil das Kursziel aktuell bei 200 Dollar.

Das Gros der Analysten ist (wieder) in Kauflaune

Nur ganz wenige Analysten bleiben vorsichtig bzw. skeptisch. Beispielsweise J.P. Morgan. Die US-Bank hat die Einstufung für Tesla nach der Zahlenveröffentlichung auf „Underweight“ mit einem Kursziel von 120 US-Dollar belassen. Die Begründung: Nicht nur die Margen des Elektroautobauers im vierten Quartal 2022 hätten enttäuscht, die deutlichen Preisnachlässe wären zudem noch gar nicht in der Bilanz bemerkbar.

Wer Tesla im eigenen Depot hat, wird hoffen, dass die bullischen Marktexperten Recht behalten. Grund zum Optimismus geben unter anderem auch ein bisschen neutrale Zahlen der Branche. So hat sich der Anteil batteriebetriebener Fahrzeuge nur in der Europäischen Union im vergangenen Jahr erhöht – trotz eines allgemein rückläufigen Pkw-Marktes.

Die Tesla-Modelle kommen bei Kunden gut an, erst Recht nachdem der Konzern die Preis reduziert hat. (Bildquelle: Tesla, Inc.)

In 2022 erhöhte sich demnach der Anteil von E-Autos um drei Prozentpunkte auf 12,1 Prozent aller neu zugelassenen Wagen, wie der Branchenverband Acea mitteilte. Hinzukommen aktuelle Studien, die ebenfalls Mut machen für den Elektroautomarkt. Eine davon publizierte jüngst die Beratungsfirma PwC. Langfristig, so heißt es da, sind und bleiben die durchschnittlichen Energiekosten eines Elektroautos niedriger als die eines Verbrenners. Die Frage an dieser Stelle lautet aber:

Teslas Konkurrenz hat dazu gelernt

Warum soll Tesla in der Branche allein outperformen? Das „Überraschungsmomentum“ der Kalifornier noch von vor Jahren ist vorbei. Die Konkurrenz im E-Auto-Sektor wird stärker – und nicht nur aus Deutschland. Chinas Autobauer BYD beispielsweise schickt sich an, Tesla nicht nur im eigenen Land Boden streitig zu machen. Man will in 2023 so auch den wichtigen Markt Deutschland in den Fokus nehmen. Für das Jahr 2022 waren die BYD-Zahlen zudem so gut, dass sie die Erwartungen übertrafen.

Tesla muss entsprechend in diesem und in den kommenden Jahren mehr Autos auf die Straße bringen, um seine Prognosen zu erfüllen. Nur vollmundige Musk-Sprüche werden nicht ausreichen, die Investoren (wieder) zu besänftigen. Das 50-Prozent-Wachstum-Versprechen mag gut klingen, doch schon im vergangenen Jahr wurde dieses mit 40 Prozent verfehlt.

Das marktEINBLICKE-Fazit

An der Börse ist – trotz der jüngsten Erholungsrallye – weiterhin für die Tesla-Aktie alles andere als entspannt. Der Anteilsschein ist zwar zuletzt erstmals seit September 2022 wieder über die 50-Tage-Linie gestiegen, doch ein Langfristanleger dürfte eher auf die 200-Tage-Linie blicken – und die ist noch viele Batterielängen, sprich mehr als 27 Prozent entfernt. Von einem soliden Aufwärtstrend der Aktie kann aktuell nicht gesprochen werden.

Dennoch wird Tesla für viele Anleger immer einer der Werte sein, der ins eigene Depot gehört. E-Mobilität verbunden mit Nachhaltigkeit und coolen Produkten mit einer Prise Elon Musk – das ist für viele sexy und hat sich in der Vergangenheit seitens der Rendite gelohnt. Warum sollte diese Story langfristig nicht so weitergehen?

An der Börse wird – so heißt es ja immer – die Zukunft gehandelt. Die ist in der Autobranche eindeutigen mit Elektroautos verbunden.  Aktuell wird die Tesla-Aktie mit einem 2023er-KGV von 40 gehandelt, BMW und Mercedes sind deutlich günstiger bewertet – jeweils mit einem KGV von unter zehn.

Doch das wird einen wahren Tesla-Fan und Aktionär wohl nicht zum Wechsel bewegen. Tesla ist und bleibt eine der emotionalsten Anlegergeschichten unserer Börsenzeit.