Rätseln werden die China-Anleger, ob die Maßnahmen der Regierung wirksam sind: Staatsfonds dürfen Aktien kaufen, Neuemissionen werden gebremst, es kommt häufig zu Kursaussetzungen einzelner Werte, um den Abwärtstrend zu stoppen. Können solche Maßnahmen greifen? Ein Blick auf den langfristigen SSE Composite zeigt: besonderes außergewöhnlich ist die aktuelle Situation keineswegs.
Ob Grexit, Brexit oder Chinas Manipulierung des dortigen Aktienmarktes - wir Anleger leben in einer Welt voller Gefahren. Doch der Mensch strebt von seiner Natur her stets nach der Lösung und einem Ausweg. Fest steht, dass es eines Tages wieder zu einer Finanzkrise kommen muss. Alles - ob in der Natur oder an der Börse, kehrt irgendwann wieder zum Equilibrium zurück. Wie auch die Geburt und der Tot. Eines haben uns die letzten Wochen aber erneut gezeigt.
Die erdrückende mediale Dominanz der griechischen Schuldenkrise verdeckt eine viel größere Gefahr für die globale Wirtschaft und die Finanzwelt. Es geht um die chinesischen Anlageblasen, konkret um die Gefahr ihres Platzens. Mittlerweile hat der chinesische Immobilienboom seinen Zenit längst überschritten. Im Trend fällt das chinesische Geschäftsklima im Immobiliensektor seit 2010, obwohl Chinas Leitzins bereits viermal binnen Jahresfrist gesenkt wurde. Für die sehr Altersvorsorge orientierten Chinesen ist damit ein Vermögensverlust entstanden, der gleichzeitig auf eine anhaltend hohe Hypothekenverschuldung trifft.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat die Wachstumsprognose für Deutschland jüngst von 1,3 Prozent auf 1,8 Prozent heraufgesetzt. Allerdings verbreiten die Experten keinen überschäumenden Optimismus, sondern sprechen von einem „gedopten und geliehenen Aufschwung“, der nur eine „Illusion“ sei. So habe der niedrige Euro im Vergleich zum US-Dollar der deutschen Wirtschaft einen Wachstumsschub von etwa einem Prozent gebracht, während der Ölpreisrutsch für ein Plus von geschätzt 0,7 Prozent verantwortlich sei. Ein Rückfall auf ein Wachstum von unter 0,5 Prozent sei für die Zukunft keineswegs ausgeschlossen, warnen die Experten des DIHK.
Die Konjunktursorgen in China halten sich. So setzen die chinesischen Gewinne ihren Schrumpfungskurs aus dem Winterhalbjahr nach einer kurzen Verschnaufpause fort. Und der Einbruch des vom Wirtschaftsdatenanbieters Markit veröffentlichten Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe lässt auf keine schnelle Besserung hoffen.
Kommt uns dies nicht alles bekannt vor? Rasant nach oben schnellende Aktienkurse haben unbedarfte Privatanleger angelockt. Vom einfachen Bauarbeiter, über den Taxifahrer bis hin zur Putzfrau und dem Rentner wollten alle am Kursfeuerwerk mitverdienen. In diesem Umfeld reichte es oftmals schon, wenn sich Unternehmen innovativ klingende Namen gaben, um Käufer anzulocken.
Themen der aktuellen Presseschau sind u.a. die Griechenland-Rettung und deren Chancen, die Frage nach der Legitimtät eines Schuldenschnitts, die China-Blase. Unternehmensseitig richtet sich der Blick u.a. auf K+S, Airbus, Tele Columbus, Deutsche Pfandbriefbank, Swatch, Bank of America, Boeing, Twitter, Apple, Netflix.
Der DAX hat vom Jahreshoch mittlerweile bereits mehr als zehn Prozent eingebüßt. Hätte man dies nicht erwarten können? Zum einen begannen im Mai ohnehin die schwachen Börsenmonate, wie der altbekannte Börsenspruch „sell in may and go away“ verrät. Zudem gab es eine Wende bei den zuvor den Aktienmarkt unterstützenden Trends der Zinsen, des Euro und des Ölpreises? Und zudem war da natürlich noch Griechenland als Sonderbelastung.
Die internationale Geldpolitik hat mit viel und billigem Geld zwei Resultate erzielt. Zum einen wurden die Staatsschuldenkrisen in Folge der weltweit dramatisch kreditfinanzierten Konjunkturprogramme beigelegt. Und zum anderen hat sie als Kollateralschaden massive Anlageblasen geschaffen. So setzt sich am Anleihemarkt der seit 1981 andauernde Trend sinkender Renditen weiter fort.
Im Frühjahr sprach man an den Finanzmärkten von der Wiedergeburt der Inflation, auch, weil sich die Konjunkturperspektiven ausgerechnet im früheren Krisengebiet der Eurozone festigten. Amerika und Asien galten ohnehin als wirtschaftliche Selbstläufer. Ja, die Deflation schien besiegt zu sein. Schon wurden neben den USA selbst in der Eurozone Stimmen laut, der Anfang vom Ende der geldpolitischen Happy Hour könnte kurz bevorstehen.
Egal wie faul so mancher Deal oder wie ungesund so manches Elixir auch sein mag, dass Schlangen-Öl fließt wieder und ein Happy End wird in Aussicht gestellt. Griechenland will endlich gerettet werden. China befriedigt die Gier des Kapitalismus. In den USA fällt wiederum die Quartalssaison weniger schlecht als befürchtet aus.
Die Wachstumsverlangsamung Chinas macht sich seit Jahresbeginn in einem markanten Einbruch deutscher Exporte nach China bemerkbar. Allerdings hat sich die deutsche Exportwirtschaft zumindest teilweise aus ihrer Abhängigkeit von China befreit. Denn zogen verlangsamte Exporte in der Vergangenheit immer auch eine Verlangsamung der Auftragseingänge in der deutschen Industrie nach sich, so scheint dieser Zusammenhang aktuell an Bedeutung zu verlieren. Für Ersatzbefriedigung sorgt u.a. die Nachfrage nach deutschem Industrie Know How aus Indien, den USA und wieder Europa.
Schon zu Beginn des ersten quantitativen Lockerungspro­gramms in den USA warnten viele Wirtschaftsforscher davor, dass infolge der massiven Gelddruckerei der Notenbanken die Verbraucherpreise explosionsartig ansteigen könnten. Doch es kam anders. Statt einer Verbraucherpreisinflation gab es steigende Vermögenspreise, so dass mancher Ökonom mittlerweile von einer Vermögenspreisinflation spricht, auf die die EZB bitte ein Auge haben sollte.