Die Geopolitik ist zurück

Unsicherheiten aufgrund der veränderten Sicherheitslage in Nahost haben die Märkte bislang kaum beeinflusst. Stattdessen rücken altbekannte Themen wie die US-Inflation und deren Folgen für die Geldpolitik in den Fokus.

(Bildquelle: unsplash.com / alonso reyes)

Der Überfall der terroristischen Hamas auf Israel hat die Geopolitik zurück aufs Börsenparkett gebracht. Da die Auswirkungen derzeit noch begrenzt sind, reagierten lediglich Öl- und Gaspreise in nennenswertem Maße darauf. Das könnte sich ändern, sollte es tatsächlich zu einer israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen und einer Miteinbeziehung von anderen Akteuren wie etwa dem Iran kommen, wäre dies eine deutlich veränderte Situation und die Sorge vor einem Flächenbrand wäre groß.

Haben politische Börsen auch diesmal kurze Beine?

Dann würde die Weisheit „Politische Börsen haben kurze Beine“ auf eine Probe gestellt. Nicht nur Robert Halver von der Baader Bank weist auf die Geschichte hin und ist der Ansicht, dass Sorgen vor einer Ausweitung wie im Jom Kippur-Krieg 1973 bestünden. Auch marktEINBLICKE-Kolumnist Heiko Thieme erinnert an die Zeit vor 50 Jahren. Damals stieg der Ölpreis im Oktober 1973 um rund 70 Prozent, was zu einer globalen Rezession 1974 führte und an Wall Street Verluste von rund 30 Prozent brachte. Auch der deutsche Aktienmarkt wies ähnlich hohe Verluste auf.

Geschichte wiederholt sich bekanntlich nicht. Von daher muss man wohl einfach das Kommende abwarten und das Beste hoffen. Zumal es ja auch abseits von Nahost genügend relevante Themen gibt. Vor allem die US-Inflation, die im September mit 3,7 Prozent etwas höher als erwartet ausfiel und damit dem Wert vom August entsprach. Die Kerninflation lag mit 4,1 Prozent genau im Rahmen der Markterwartungen und setzte damit seinen Abwärtstrend fort.

Und wie passt da die Inflation rein?

Colin Finlayson, Investment Manager bei Aegon AM, meint dazu: „Da der Bericht im Großen und Ganzen mit dem Konsens übereinstimmt, wird er keinen Einfluss auf die Frage haben, ob die Federal Reserve die Zinsen erneut anheben muss. In Anbetracht der jüngsten Kommentare über die negativen Auswirkungen, die höhere Anleiherenditen auf die Wirtschaft haben könnten, müsste die Fed auf ihrer Novembersitzung wahrscheinlich eine wesentlich stärkere Inflation messen, um die Zinsen zu erhöhen. Ein kollektives Achselzucken des Anleihemarktes ist die Folge.“

Was macht die Fed im Rest des Jahres? (Bildquelle: Pressefoto Federal Reserve)

Ähnlich äußert sich auch Florian lelpo, Leiter Makro der Multi Asset Group bei Lombard Odier IM: „Dieser Inflationsbericht widerlegt das Wunschszenario der Märkte, dass diese ‚High for longer‘-Situation ausreicht, um die Inflationsgeschichte in den USA zu beenden. Mit 5,5 Prozent als Endpunkt für den Entscheidungssatz und 2,3 Prozent als neuem Anker für die Realzinsen wird es wahrscheinlich länger als erwartet dauern, bis die Inflation kein Problem mehr darstellt. Daher werden die Aktien angesichts ihrer technischen Daten wahrscheinlich geringfügig zurückgehen, während die Anleihen eine weitere Phase der Volatilität erleben.“

Für Ielpo rückt damit die Volatilität der Laufzeit als der Schlüsselfaktor für die meisten Märkte in den Fokus: „Wir leben immer noch in dieser Situation und es ist schwierig, das Blatt zu wenden. Diese Aussage steht im Einklang mit unseren Prognoseindikatoren für die Inflation, die seit Ende Juli auf die Entstehung dieses Inflationsdrucks hinweisen.“ Es bleibt also interessant, wenn es um die US-Inflation und deren Folgen geht.

Das bringt die neue Börsenwoche (KW42-2023)

Die ZEW-Konjunkturerwartungen im Oktober dürften sich trotz der neuen geopolitischen Eskalation etwas aufhellen, meint Helaba. Die Daten, die am Dienstag veröffentlicht werden, dürften dennoch im Fokus stehen. „Die Lageeinschätzung wird sich dagegen nochmals verschlechtern. Noch ist man gefühlt nicht aus dem Tal der Tränen heraus“, meint man bei Deka, während Helaba hier von einer stabilen Lage auf niedrigem Niveau ausgeht.

Ebenfalls am Dienstag werden die US-Einzelhandelsumsätze für September veröffentlicht. Diese könnten möglicherweise sehr schwach ausgefallen sein. Denn nach einem Zeitraum von dreieinhalb Jahren endete eine staatliche Unterstützung für Studenten, wie Deka erläutert. „Über diesen Zeitraum wurden anfallende Zinszahlungen für Studienkredite ausgesetzt. Schätzungen zur Folge könnte dies nun zu einer monatlichen Belastung von ca. 300 US-Dollar pro Studierenden sorgen. Zeitnahe Konsumdaten deuten insbesondere für die erste Monatshälfte eine sehr schwache Aktivität an.“

Alle anderen Daten der Woche und Prognosen finden Sie in unserem Wirtschaftskalender.

Das marktEINBLICKE-Fazit

Die Rückkehr der Geopolitik an die Märkte macht einmal mehr deutlich, wie wichtig ein gut ausbalanciertes Depot ist. Mit unseren Baustein-Aktien können Ihnen kurzfristige volatile Momente egal sein – Ihr Börsenerfolg ist langfristig angelegt.

In diesem Sinne, bleiben Sie weiter engagiert (an der Börse),

Ihre marktEINBLICKE -Herausgeber

Christoph A. Scherbaum & Marc. O. Schmidt