Und schon wieder ne Bullenfalle?

Ui... wenn Indizes mit Bestmarken aufwarten, dann sind die Skeptiker nicht weit. „Überkauft“ soll der DAX sein, die ganze Rally nur auf Hoffnungen von sinkenden Zinsen basieren. Na ja – so what? Kurse laufen lassen als Langfrist-Anleger, oder nicht?

(Bildquelle: marktEINBLICKE)

Die internationalen Aktienmärkte haben schon im November eine außergewöhnlich positive Entwicklung verzeichnet. Der breite US-Index S&P 500 legte beispielsweise um 5,66 Prozent zu und der deutsche Leitindex DAX stieg sogar um 9,49 Prozent.

Damit nun nicht genug – in der vergangenen Woche setzte der Index vor Weihnachten eine neue Bestmarke und es wurde ebenso ein neues Verlaufshoch wie ein neues Hoch auf Schlusskursbasis im DAX erreicht.

Diese fulminante Jahresend-Rallye „basiert auf der Inflationsentspannung, die Notenbanken die Zinswende erlaubt und sich bereits in fallenden Anleiherenditen zeigt“, sagt Marktexperte Robert Halver von der Baader Bank. Damit stellen sich laut Halver gleich mehrere Fragen:

Wie übertrieben ist die aktuelle Rally?

Ist diese Hausse übertrieben, da die Zinssenkungsphantasie weitgehend eingepreist ist? Und haben wir spätestens nach Neujahr Katerstimmung?

Fakt ist: Schon dreimal im laufenden Jahr wurden neue DAX-Hochs markiert, dreimal endete das als Bullenfalle. Auch Marktexperte Ronald Gehrt vom Online-Broker LYNX stellt sich die Frage, ob es wohl dieses Mal anders läuft.

Schon dreimal im laufenden Jahr wurden neue DAX-Hochs markiert, dreimal endete das als Bullenfalle. Und nun? (Bildquelle: Pressefoto Deutsche Börse AG)

„Es dürfte wohl außer Frage stehen, dass all diejenigen, die in den vergangenen Wochen massiv im DAX Long gegangen sind, diese Frage mit Ja beantworten würden. Aber auf diejenigen, die bereits investiert sind, kommt es nicht an“ so Gehrt. „Um dieses bislang ja nur sehr knappe, neue Hoch nicht nur zu halten, sondern so auszubauen, dass man den Befreiungsschlag als stabil ansehen kann, sind jetzt andere gefragt“:

Zum einen die, die „dem Braten bislang nicht trauen und gegebenenfalls noch einsteigen und den Anstieg dadurch weiterführen könnten. Zum anderen, die eigentlich vorhaben, beim Erreichen des bisherigen Hochs ihre Long-Gewinne mitzunehmen. Und vor allem diejenigen, die planen, auf diesem Niveau auf der Short-Seite aktiv zu werden.

„Was diese Akteure tun werden, wird darüber entscheiden, ob diese neuen Hochs eine Etappe zu weiteren Rekorden oder aber das Ende der Fahnenstange sein werden.“ Laut Gehrt basiere diese aktuelle Rallye basiert nicht auf neuen, bullischen Fakten, sondern auf bullischen Annahmen und Hoffnungen.

Was soll „überkauft“ sein?

Auch Thomas Altmann, Leiter des Portfoliomanagements beim Vermögensverwalter QC Partners ist verhalten. Seiner Einschätzung nach ist der DAX aktuell „überkauft“, sprich der Leitindex ist zu schnell zu stark gestiegen. Sechs Wochen am Stück ohne ein Wochenminus könnte man so interpretieren …

Auf der anderen Seite – bei allen verhaltenen Experten: Langfrist-Anleger sollten unverändert cool bleiben, die Kurse der Baustein-Aktien laufen lassen und sich freuen, dass der persönliche eigene Vermögensaufbau mit diesen substanzstarken Wertpapieren am Ende eine gute Rendite einfahren werden. Ob sich auf diesem Marathon der DAX oder ein anderer Index ein paar Mal mehr oder weniger als „überkauft“ präsentiert, kann da einem eigentlich egal sein …

Das bringt die neue Börsenwoche (KW50-2023)

USA: Verbraucherpreise am Dienstag

Zu Beginn des zweitägigen Fed-Zinsentscheids erhalten die FOMC-Mitglieder mit den US-Verbraucherpreisen für November noch wichtige Informationen. „Relativ wahrscheinlich ist, dass die Inflationsrate aufgrund niedriger Energiepreise weiter sinken wird. Unklar ist, ob der Beginn des diesjährigen Weihnachtsgeschäfts die Preisentwicklung nach unten verzerrt“, schreibt die Deka.

Zinsentscheid der Fed am Mitwoch

Die FOMC-Mitglieder hatten ursprünglich spätestens bei dem Zinsentscheid in der kommenden Woche eine weitere Leitzinserhöhung avisiert. „Die Preisdaten fielen allerdings deutlich besser aus, als von den FOMC-Mitgliedern erwartet, sodass nun keine weitere Straffung mehr notwendig ist“, so die Deka.

Es gibt wieder neue Impulse von den Notenbanken. (Bildquelle: marktEINBLICKE)

Pressekonferenz zur EZB-Ratssitzung am Donnerstag

Auf der Pressekonferenz zur EZB-Ratssitzung dürfte Präsidentin Lagarde wiederholen, dass die Leitzinsen für ausreichend lange Zeit auf einem restriktiven Niveau gehalten werden müssen. „Nach dem starken Rückgang der Inflation wird es ihr jedoch schwerfallen, Markterwartungen über bald bevorstehende Leitzinssenkungen zurückzudrängen“, schätzt die Deka.

Alle anderen Daten der Woche und Prognosen finden Sie in unserem Wirtschaftskalender.

Das marktEINBLICKE-Fazit

Diese Woche hat der DAX Bestmarken erzielt – aber wenn wir ganz ehrlich sind: Wir müssen von diesen News auch einmal in den Alltag übergehen und dann sehen wir, dass es noch viel zu tun gibt, um in Deutschland die Geldanlage Aktie und damit auch das Verständnis für Finanzen und Wirtschaft besser zu festigen. Dazu einmal die neuesten Fakten:

Drei Viertel der Jugendlichen in Deutschland wünschen sich, dass Wirtschaft einen höheren Stellenwert in der Schule bekommt. Wir schließen uns einmal mehr vielen Instituten und Institutionen an – wie beispielsweise das DAI – die fordern, dass ein Schulfach Ökonomie bundesweit in allen allgemeinbildenden Schulen einzuführen ist.

Wenn wir in diesem Land meinen, dass wir mit Riester und Rürup die eigene private Altersvorsorge managen können, dann sollten wir alle gemeinsam jeden Tag „Alice im Wunderland“ anschauen. Es wird Zeit, eine umfassende ökonomische Bildung der jungen Generation zu geben …

In diesem Sinne, bleiben Sie weiter engagiert (an der Börse),

Ihre marktEINBLICKE-Herausgeber

Christoph A. Scherbaum & Marc. O. Schmidt