„Baustein“-Aktien verkauft man nicht

Das hausgemachte Problem der Credit Suisse | Was macht die Fed am Mittwoch?

(Bildquelle: Unsplash / La-Rel Easter)

Die vergangene Handelswoche lässt sich leicht mit zwei Begriffen zusammenfassen: Krise und Flucht. Wir können an dieser Stelle nur einmal mehr sagen: Wer langfristig an der Börse aktiv sein und damit den persönlichen Vermögensaufbau umsetzen möchte, sollte genau das, was viele Anleger in der vergangenen Woche taten, nie machen:

Die blinde Flucht aus allen Positionen. Dieses Muster ist immer dasselbe – leider. Anleger verkaufen blind und völlig unüberlegt (solide) Aktienpositionen, weil die Angst vor einer Bankenkrise sie überkommt und nehmen das Geld und stecken es dann in (vermeintlich) sichere Staatsanleihen. Nicht zu vergessen, natürlich auch in Gold. Das Edelmetall feierte diese Woche erstmals seit dem Corona-Hochpunkt Mitte 2020 ein echtes Comeback als Krisenschutz. Was soll(te) das ganze?

Wir stellen diese Frage deshalb, weil es ganz und gar nicht nachvollziehbar ist, gute und solide „Baustein“-Aktien für den eigenen Vermögensaufbau von heute auf morgen zu verkaufen. Unter „Baustein“-Aktien verstehen wir Aktien von Unternehmen, die seit Jahrzehnten eine dominante Stellung in ihrer Branche besitzen, eine Preissetzungsmacht innehaben und uns Anleger auch noch mit Dividenden kontinuierlich erfreuen.

Schauen Sie sich dazu einmal den Chart der LVMH-Aktie in dieser Woche – was für ein Irrsinn. Als ob die Credit Suisse-Geschehnisse etwas mit dem langfristigen Luxus-Markt des französischen Konzerns zu tun haben.

Der Zweifel an einer Schweizer Bank

Fakt ist: „Die Nervosität auf dem Markt hat dazu geführt, dass die Credit Suisse und ihre Fähigkeiten, die kommenden Herausforderungen zu meistern, angezweifelt werden“, sagt Steven Dover, Leiter des Franklin Templeton Institute. Das stimmt. Fakt ist aber auch:

Die Credit Suisse ist eine Großbank, die seit einigen Jahren ein schlechtes Risikomanagement hat und dabei ist, sich nun zu verkleinern. „Das neue Management der Bank steht erst am Anfang eines dreijährigen Turnarounds, der eine radikale Umstrukturierung, einschließlich der Veräußerung des Investmentbanking-Geschäfts, vorsieht. Auch wenn es keinen grundlegenden Anlass zur Besorgnis gibt, wird dies für die Credit Suisse eine schwierige Zeit werden“, ergänzt Dover. Selbst auf die Gefahr hin, dass die Credit Suisse am Ende als eigenständiges Institut garnicht überlebt und bspw. von der UBS übernommen wird.

Das Problem mit der Credit Suisse ist für Anleger ein anderes als die aktuelle Unsicherheit über die Bank selbst. (Bildquelle: Credit Suisse Group)

Das Problem mit der Credit Suisse ist für Anleger ein anderes, wie Dover richtig sagt: „Im Bankwesen geht es, wie bei Investitionen, um Vertrauen. Obwohl wir alle wissen, dass unsere Einlagen (größtenteils) garantiert sind, fällt es schwer, sein Geld nicht abzuheben, wenn man sich Sorgen macht. Deshalb haben die Regulierungsbehörden schnell gehandelt und sich umfassend mit diesen Bedenken auseinandergesetzt. Dieser Vorfall unterstreicht den Bedarf an vertrauenswürdigen Institutionen und an behördlicher Aufsicht, beides wird von internationalen Anlegern geschätzt.“ Und das gilt wohl überall auf der Welt. Aber noch einmal: Deshalb gute Sachwerte-Investments wie Aktien es sind, einfach über Bord werfen?

Die EZB und ihr konsequentes Handeln

Konsequent hat hingegen aus unserer Sicht die EZB gehandelt. Sie hielt diese Woche auf ihrer Sitzung – trotz der Bankenkrise – unverändert an der seit langem angekündigten Zinserhöhung um 50 Basispunkte fest, um die Inflation zu bekämpfen. Laut Katharine Neiss, Chief European Economist bei PGIM Fixed Income, könnte es aber durchaus die vorerst letzte Zinserhöhung der Euro-Banker sein. Denn die EZB-Erklärung enthält „eine bemerkenswerte Verschiebung hin zu einem gemäßigteren Grundtenor, indem die Datenabhängigkeit betont und auf die Ankündigung weiterer Zinserhöhungen verzichtet wird. Dies ist eine wichtige Änderung, die die Möglichkeit eröffnet, dass diese Zinserhöhung die letzte sein könnte – zumindest für die absehbare Zukunft“, so Neiss und ergänzt dazu:

„In der Tat könnte eine Veränderung der makroökonomischen Fundamentaldaten dies rechtfertigen: Europa ist bei der Kreditvergabe an die Realwirtschaft stärker auf Banken ausgerichtet, so dass die jüngsten Turbulenzen unter sonst gleichen Bedingungen zu einer Verschärfung der Finanzbedingungen führen würden.“ Darüber hinaus hätten sich die Finanzbedingungen laut der letzten EZB-Umfrage zur Kreditvergabe der Banken bereits rapide verschärft und die Binnenwirtschaft überhitze nach Einschätzung von Neiss nicht annähernd in dem Maße wie in den USA.

Bei Henderson Investors ist man derweil der Meinung, dass die EZB keinen Kurswechsel einleiten werde. „Wir bleiben dabei, dass ein Kurswechsel der Zentralbank hin zu deutlich niedrigeren Zinssätzen, wie ihn die aktuellen Marktpreise implizieren, unserer Ansicht nach unrealistisch ist. Die Pause und das Plateau werden ein gutes Risk-on-Signal für die Aktienmärkte sein“, sagt Robert Schramm-Fuchs, Portfolio Manager bei Janus Henderson Investors. Laut ihm werden Value-Aktien und frühzyklische Titel eine Outperformance erzielen, während hoch bewertete Aktien nach wieder unterdurchschnittlich abschneiden werden.

Das bringt die neue Börsenwoche (KW12-2023)

Wie reagiert die Fed unter Jerome Powell?(Bildquelle: Pressefoto Federal Reserve)

Highlight ist die Fed-Sitzung am Mittwoch. „Der Zinsentscheid der Fed verspricht große Spannung. Hebt die Fed das Leitzinsintervall erneut um 25 Basispunkte auf 4,75 bis 5,00 Prozent an oder lässt sie es unverändert?“ – das fragt sich die Deka. Denn noch vor gut einer Woche schien eine Leitzinserhöhung um 50 Basispunkte relativ realistisch, „mit der Pleite der SVB änderten sich jedoch die Einschätzungen. Angesichts der aktuell extrem hohen Unsicherheit ist nicht mit konkreten Aussagen für die den weiteren Leitzinspfad zu rechnen“, meint die Deka.

Am Freitag dürften die Anleger auf die Daten des Einkaufsmanagerindex im Euroland schauen. „Die Wirtschaftsleistung in Euroland stagnierte im vierten Quartal 2022. Zum Jahresauftakt deutet sich weiterhin nur eine schwache wirtschaftliche Entwicklung an. Dies dürften auch die Stimmungsindikatoren für den März zum Ausdruck bringen“, schreibt die Deka.

Das marktEINBLICKE-Fazit

Die neue Woche wird nicht unbedingt ruhiger werden, als die vergangene. Dennoch sollten Anleger cool(er) bleiben. Schauen Sie sich einmal die US-Indizes an. Der breite S&P 500-Index, wie auch der Tech-Index NASDAQ 100 haben auf Wochensicht wenig verändert geschlossen. Es waren die Tech-Aktien, die an der Wall Street für Stabilität gesorgt haben. Daran sieht man, wie die breite Anlegerschaft es an der Wall Street mit der Bankenkrise nimmt …

In diesem Sinne, bleiben Sie weiter engagiert (an der Börse),

Ihre marktEINBLICKE-Gründer
Christoph A. Scherbaum & Marc O. Schmidt